Hermann Erlach, General Manager Microsoft Österreich im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 4, MAI 2021
»Ich möchte dazu beitragen, dass auch unsere Kinder die ­gleichen Chancen vorfinden, wie ich sie hatte. Hier ist viel zu tun, auch im öffentlichen Bereich.« © Microsoft Österreich

Mit gutem Beispiel vorangehen: Hermann Erlach ist der erste CEO seit vielen Jahren, den Microsoft Österreich aus den eigenen Reihen rekrutiert hat.

Seit dem 1. Mai hat die österreichische Niederlassung von Microsoft mit Hermann Erlach einen neuen General Manager. Weder im Unternehmen noch in der heimischen IKT-Branche ist der gebürtige Osttiroler ein Unbekannter. Schließlich ist sein Einstieg beim Konzern mittlerweile rund sechs Jahre her. 2015 begann er als Leiter des Bereiches Enterprise Services mit der Verantwortung für das gesamte Beratungs- und Services-Geschäft in Österreich. 2018 kam der Wechsel zum Chief Operating Officer/Digital Transformation Lead sowie Sprecher für Innovationsthemen. Das unterscheidet ihn auch von vielen seiner Vorgängerinnen und Vorgänger in dieser Position. Denn er ist seit 16 Jahren der erste auf dem rot-weiß-roten Chefsessel, der aus den eigenen Reihen rekrutiert wurde. Seine Sporen hat sich der 47-Jährige freilich schon lange vorher verdient. Er war jahrelang im internationalen Beratungsgeschäft tätig, für Unternehmen wie Plaut, Capgemini Consulting oder Booz&Company, immer mit einem starken Bezug zu Industrie- und Supply-Chain-Themen. Sein letzter Arbeitgeber vor Microsoft war dann ein anderer „Big Player“ der IT – SAP. Für die Walldorfer arbeitete er über sechs Jahre in verschiedenen Funktionen international und lokal, zuletzt als Cloud Solutions Sales Director in Österreich.
Erlachs Berufsweg wurde, wenn auch nicht vorgezeichnet, so doch schon früh geprägt, und zwar durch den Einzelhandelsbetrieb der Eltern in seiner Heimatstadt Lienz. „Damals lernte ich bereits wichtige Lektionen, die mir später im Berufsleben helfen würden, wie unternehmerisches Denken, Risikofreudigkeit und Vertriebsorientierung“, erzählt er. Auch für die Vermittlung wesentlicher „Soft Skills“, wie es neudeutsch gerne genannt wird, zeigt er sich dankbar: „Ich glaube, auch wenn das ganz einfach klingt, dass mir die wesentlichen Dinge durch mein Elternhaus mitgegeben wurden. Eine gewisse Empathie ist wichtiger denn je, um Veränderungsprozesse einzuleiten und zu begleiten.“

Schon früh viel kennenzulernen ist ein Schlüssel zum Erfolg
Weitere theoretische Grundlagen schuf er sich an der FH Joanneum, wo er im Jahr 2000 seinen Diplomingenieur im Themenfeld Industrial Management gemacht hat. Den DI (FH) ergänzte er drei Jahre später berufsbegleitend mit einem Master in Business Administration an der Donau Universität Krems. Da war er schon bei Capgemini tätig. Erlach dazu: „Ich war immer sehr dankbar für den frühen Einstieg in das Beratungsumfeld. Ich denke, hier lernen junge Menschen, strukturiert vorzugehen und mit unterschiedlichsten Unternehmensumfeldern und -kulturen, mit Veränderungsprozessen und mit Widerständen umzugehen. Sehr früh in der Karriere viele verschiedene Unternehmen kennenzulernen und dabei immer was mitzunehmen – das ist einer der Schlüssel zum Erfolg.“ Ebenfalls ein wichtiger Schritt in seiner beruflichen Entwicklung war für ihn 2005 der Wechsel innerhalb des Beratungsunternehmens nach Deutschland: „Dort erwarteten mich größere Projekte, noch mehr Verantwortung und die Chance, sehr große Projekte im Team zu verkaufen und auch zu ‚liefern‘.“
Diese Zeit war lehrreich für Hermann Erlach: „In der Beratung lernt man, Führungsinstrumente dynamisch an die Situation anzupassen Dadurch habe ich gelernt, flexibel auf unterschiedlichste Situationen zu reagieren. Das bedeutet aber nicht, dass man nicht feste Werte vertritt. Vertrauen, Zusammenarbeit, Feedback sind für mich wichtige Grundsätze – aber auch Leistung und Einsatz.“
Die Lektionen, die er sich im Laufe der Zeit selbst erarbeitet hat, fließen auch in seinen Führungsstil mit ein. Denn ­starke Teams sowie gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Teil seines Erfolgs­rezeptes. „Ich denke, dass jeder Mitarbeitende eigentlich Leistung bringen will und immer auch Skills hat. Die Frage ist, ob das Umfeld für den Mitarbeitenden und seine Fähigkeiten passt. Die Führungskraft ‚moderiert‘ diesen Prozess.“ Das Vertrauen in sein Team steht für Erlach ganz oben. Aber auch der Gedanke der ständigen Weiterbildung und offen für neue Ideen zu sein. Wie jeder kluge „Koch“ weiß auch er, dass so ein Rezept nicht in Stein gemeißelt ist: „Auch ich habe in der Pandemie gemerkt, dass es für mich immer noch vieles zu lernen gibt, zum Beispiel, was die Führung angeht, und möchte hier mit gutem Beispiel vorangehen.“

Die richtigen Fragen stellen
Selbst als Chef eines Unternehmens, das jedem ein Begriff ist und in 30 Jahren ein Ökosystem mit rund 4.000 Partnern geschaffen hat, braucht man hin und wieder eine Auszeit. „Wann immer möglich, gehe ich in die Natur und treibe Sport. Als echter Osttiroler liebe ich Mountainbiken, das begleitet mich seit Jahrzehnten“, erlaubt Erlach einen Einblick ins Private. An erster Stelle steht für ihn aber etwas anderes: „Am wichtigsten ist es für mich, Zeit mit meiner Tochter zu verbringen. Sie schafft es, meine Gedanken aus der Geschäftswelt herauszuziehen. Sie stellt mir die richtigen Fragen und oftmals fehlen mir die richtigen Antworten.“ 
Umgekehrt üben die privaten Erfahrungen des heimatverbundenen Familienmenschen auch Einfluss auf den Manager in ihm aus. „Es freut uns zu sehen, wenn wir einen positiven Einfluss auf den Standort Österreich haben können. Wir investieren viel. Das aktuellste Beispiel wäre die Investition in die erste Microsoft-Rechenzentrumsregion in Österreich, um regionale Unternehmen und KMUs hier noch besser unterstützen zu können. Nachhaltigkeit ist für mich ein weiterer wichtiger Punkt. Wenn man jahrelang in Österreich tätig ist, muss man das Vertrauen seiner Partner und der Bevölkerung aufbauen.“
Abschließend hebt er in diesem Zusammenhang aber noch einen ganz wesentlichen Punkt hervor, dem er sich verschrieben hat: „Ich möchte in meiner neuen Rolle die Zukunft unserer Kinder massiv positiv mitgestalten. Ein wichtiger Aspekt davon ist die Modernisierung und Digitalisierung des Bildungsbereiches. Ich möchte dazu beitragen, dass auch unsere Kinder die gleichen Chancen vorfinden, wie ich sie hatte. Hier ist viel zu tun, auch im öffentlichen Bereich.“ Dabei geht Hermann Erlach ebenfalls mit gutem Beispiel voran. Ein mehr als unterstützenswerter Vorsatz, finden Sie nicht auch? (RNF)


12 FRAGEN AN HERMANN ERLACH

Was wollten Sie als Kind werden?
Eigentlich immer Radrennfahrer und ­später Berater – im Sinne von „Lehrer“. 
    
Was bedeutet Glück für Sie?
Dass meine Lieben gesund sind, ich Dinge positiv verändern kann und das Vertrauen zu engen Freunden.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Das neue Buch von Bill Gates: „Wie wir die Klimakatastrophe verhindern“.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Eigentlich hauptsächlich Sportler, zum Beispiel Valentino Rossi und die Dauer seiner Karriere, aber auch Satya Nadella und seine Art, ein riesiges Unternehmen zu führen und zu gestalten.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Einstein hat einmal gesagt: „Die Fragen mögen die gleichen sein, aber die Antworten sind anders.“ Das kommt meinem Lebensmotto schon sehr nahe.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit meiner Tochter. Ich würde gerne nochmal in die Gedankenwelt eines Kindes eintauchen – vieles haben wir vergessen, aber manchmal sollten wir wieder so denken, ohne die ganze „Sozialisierung“.

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Beruflich sicherlich die Übernahme der derzeitigen Verantwortung. Es ist nicht leicht, das von „intern“ zu schaffen – seit 16 Jahren kam kein General Manager von Microsoft Österreich mehr aus der eigenen Mannschaft. Ich bin stolz auf alle Mitarbeiter:innen und Partner, welche dies ermöglicht haben.

Was ist das Verrückteste, das Sie je getan haben?
Da gibt es viele Dinge. Ich denke, ich bin ein sehr risikobereiter Mensch. Mit so großer Leidenschaft in einem Konzern zu arbeiten – das ist für viele schon verrückt. Und sie könnten Recht haben, wenn der Plan nicht aufgeht.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Ich lache jeden Tag. Viel. Am meisten über mich und über manche Gedankengänge.

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Ja. Ich würde gerne im Sommer von Wien nach Lienz fahren – mit dem Rad. Es gibt schönere Strecken, aber das ist ein Ziel von mir.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Die Möglichkeit zu gestalten.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und ­warum?
Mich faszinieren die Eleganz und Geschmeidigkeit eines schwarzen Panthers. Aber ich denke, die sind mittlerweile auch sehr gefährdet, also überlege ich mir bis zum nächsten Interview eine Alternative.

ZUR PERSON
Aus der Beratung in die IT
Hermann Erlach ist seit 2015 Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich und stieg als Leiter des Geschäftsbereiches Enterprise Services ein. Zuletzt war er COO, Digital Transformation Lead sowie Sprecher für Innovationsthemen. Vor seiner Tätigkeit bei Microsoft war Erlach in zahlreichen Managementpositionen internationaler Unternehmensberatungen wie etwa bei Capgemini Consulting oder Booz & Company beschäftigt. 2008 wechselte er zu SAP, wo er sowohl auf regionaler/internationaler als auch auf lokaler Ebene strategisch wichtige Führungsfunktionen einnahm. Seinen ­Diplomingenieur in Engineering and Industrial ­Management absolvierte der gebürtige Osttiroler am Joanneum in Graz. Nach einigen Jahren als ­Information Technology Consultant bei der Plaut AG begann er 2003 berufsbegleitend mit dem Master in Business Administration an der Donau Universität Krems.