Aline Seebacher, stellvertretende Geschäftsführerin Austrian Audio im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 6, JUNI 2023
»Die Arbeit im Team, mit unterschiedlichsten Charakteren, die alle auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, macht mir Spaß. ­Persönlich und professionell ist bei uns kein Widerspruch.« © Markus Morawetz

Jetzt gibt’s was auf die Ohren! Austrian Audio wurde in kürzester Zeit zur Weltmarke. Daran hatte auch Aline Seebacher maßgeblichen Anteil.

Aline Seebacher ist stellvertretende Geschäftsführerin von Austrian Audio, einem Wiener Start-up, das innerhalb von nur fünf Jahren mit seinen High-End-Mikrofonen und Kopfhörern den Weltmarkt erobert hat. Daran, dass viele Musiker und Musik-Enthusiasten, darunter große Namen wie die Rolling Stones, Sting, Bon Jovi oder Muse, auf die Produkte des Unternehmens, dessen Wurzeln bis in den ehemaligen Wiener Standort der Traditionsmarke AKG reichen, vertrauen, hatte und hat die im deutschen „Ruhrpott“ Geborene maßgeblichen Anteil.

Es trägt fast schon schicksalhafte Züge, dass sie heute nicht nur in Österreich, sondern auch in der Musikbranche arbeitet. Denn beides – Österreich und die Musik – waren an wichtigen Punkten ihres Lebens mehr oder minder direkt mitentscheidend. Doch dazu kommen wir noch.

Mathematik und Kunst, das waren ihre Lieblingsfächer am katholischen Mädchengymnasium Marienschule in Essen-Werden. „Aber der Weg in die Kunst war mir zu risikobehaftet“, erzählt sie. Als Alternative kam für sie Maschinenbau in Frage, doch auch das war nicht ganz das Richtige. „Durch einen Zufall habe ich von einem Freund vom Studien­gang Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Dortmund erfahren. Die Mischung aus Maschinenbau und Wirtschaft war genau das, wonach ich ­gesucht hatte.“

Durch die Gastvorlesung eines Siemens-Projektmanagers stieß Aline Seebacher auf das Fach industrielles Projektmanagement: „Eine Vollblutentwicklerin ­wollte ich ohnehin nicht werden, aber das ­Managen von Tech­niker:innen, das ­Managen von Teams im technischen Umfeld hat mir von Anfang an zugesagt.“ Im Zuge ihres Studiums lernte sie durch Praktika einige Großkonzerne kennen und kam mit dem Kraftwerksbau in Berührung.

Ihre Ferien verbrachte sie als Kind fast immer am Attersee, wodurch sie schon immer einen Bezug zu Österreich hatte. Und dann, einige Wochen vor der Abgabe ihrer Diplomarbeit, lernte sie auf dem Melt-Festival bei Berlin ihren Mann kennen – einen Wiener. Österreich und Musik – das Schicksal hatte zugeschlagen, könnte man sagen. „Meinen ersten Job habe ich daher nicht im Ruhrgebiet gesucht, sondern direkt in Wien.“

Vom Gas-KW zu AKG
Gefunden hat sie erst einen Job bei A-TEC im Projektmanagement für den Gaskraftwerksbau. Doch relativ rasch ist sie über die Empfehlung eines Bekannten zur AKG gekommen. Das war 2011 und Produktentwicklung war bis auf die theoretischen Grundlagen aus dem Studium Neuland für Seebacher. „Allerdings sind die Disziplinen, die es braucht, um Kopfhörer herzustellen, jenen des Kraftwerksbaus gar nicht so unähnlich – in beiden Fällen muss man multidisziplinär führen, sich mit Konstruktion, Qualitätsmanagement, Dokumentation, Einkauf, Logistik, Terminplanung usw. auseinandersetzen.“

Durch eine Projektmanagementzertifizierung (PMI) hatte sie zudem einen methodischen Werkzeugkasten als Basis an der Hand. „Und mir war vollkommen bewusst, dass, egal welchen Job man in einer neuen Branche anfängt, man sich ein wenig Zeit geben muss, um Hineinzuwachsen.“

„Das war erstmal ein Schock.“
Beruflich folgten turbulente Zeiten. AKG hat seit den 2000er-Jahren zahlreiche Restrukturierungen durchgemacht. Mit der Übernahme durch den Harman-Konzern kam es nicht nur zu regelmäßigen Wechseln in der Geschäftsführung, auch die Belegschaft wurde über die Jahre immer weiter verkleinert, Fertigung ausgelagert und auch Entwicklung nach China verlegt.

Seebacher stieg die Karriereleiter aber immer weiter hinauf, übernahm im Zuge der Abspaltung des Consumer-Segmentes vom Pro-Audio-Bereich die Abteilungsleitung für Projektmanagement und wurde Teil des globalen Project Management Offices.

Auch privat standen wortwörtlich wachsende Veränderungen ins Haus: 2016 wurde Seebacher erstmals Mutter. Im selben Jahr, im letzten Monat ihrer Karenz, bekam sie einen Anruf. Samsung, seit damals Eigentümer von Harman, wollte den AKG-Standort in Wien schließen. „Das war erstmal ein Schock“, erinnert sie sich. Doch schon im Frühjahr 2017 hat das Projekt Austrian Audio Form angenommen, auf Initiative ihres damaligen und heutigen Chefs – und auch Mentors – Martin Seidl.

Bereits im Juli desselben Jahres trat Aline Seebacher, gemeinsam mit rund 20 AKG-Kol­leg:innen einen neuen Job an. „Auch bei Austrian Audio habe ich wieder das Projekt- und Portfolio-Management übernommen, habe aber von Anfang intensiv am Aufbau der Organisation mitgewirkt. 2018 wurde ich Prokuristin und bin mittlerweile offiziell stellvertretende Geschäftsführerin“, sagt Aline Seebacher nicht ohne berechtigten Stolz.

Ihr zweiter Sohn wurde 2020 geboren. „Seitdem bin ich Führungskraft in Teilzeit“, erzählt sie. Das würde nicht in jedem Unternehmen funktionieren. Doch Austrian Audio ist eben nicht jedes Unternehmen. Das belegt auch der beispielhafte Anteil an weiblichen Führungskräften, der bei 50 Prozent liegt.

Nach der Entwicklungsphase kamen die ersten Produkte zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt auf den Markt – gleichzeitig mit Corona. Eine Zeit, in der die Musik- und Kulturbranche mit am meisten gelitten hat. „Dennoch haben wir es geschafft, in der Pro-Audio-Welt einen sehr guten Ruf zu etablieren, man kennt uns. Nicht nur unsere Kunden, auch der Mitbewerb hat ein Auge auf uns.“ Und das zu Recht, denn beide Gruppen – Kunden wie Marktbegleiter – bekommen von Austrian Audio ordentlich was auf die Ohren. Wobei sich Erstere darüber sicher mehr freuen. (RNF)


12 FRAGEN AN ALINE SEEBACHER

Was wollten Sie als Kind werden?
Ich hatte nie einen konkreten Berufswunsch. 

Was bedeutet Glück für Sie?
Glück ist für mich eine Geisteshaltung. 

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Frieda Kahlo und die Farben des Lebens“ von ­Caroline Bernard.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Viele und immer wieder neue. Öffentliche Personen wie auch Freunde. 

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen? 
Viele :-)
Das Leben ist zu kurz, um schlechte Laune zu haben! 
Der Weg ist das Ziel! 
Egal was du tust, tu es mit Freude. 

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Ich würde sehr gerne mal einen Tag mit meinem Mann tauschen. Das wäre vermutlich augenöffnend für uns beide. 

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Es geschafft zu haben, auch in der jetzigen, sehr anstrengenden Lebensphase ein glücklicher Mensch zu sein. 

Was ist das Verrückteste, das Sie je in ihrem Leben getan haben?
Sechs Monate Aufenthalt in Neuseeland während des Studiums. Ich habe mit den Bildern, die ich neben dem Studium gemalt habe, eine eigene Vernissage organisiert und mit den Einnahmen bin ich auf nach Neuseeland. Ich habe mir auf einer Auktion einen Mazda MPV ersteigert und bin alleine durchs Land gereist, zum Surfen und Englischlernen. Ich war in viel zu großen Wellen, habe fünf Tage mit niemandem außer Tankstellenpersonal gesprochen und den Sinn meines Lebens gefunden. 

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Über unseren zweijährigen Sohn. Fast täglich bringen uns seine Aktionen zum Lachen. 

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Fallschirmspringen.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
„Mama, komm aufstehen.“ ;-) Ich gehe aber tatsächlich auch jeden Tag gerne ins Büro und freue mich auf die Arbeit.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und ­warum?
Ein Delfin. Das Gefühl durchs Wasser gleiten zu ­können, muss fantastisch sein. Und sie leben in Gruppen.


ZUR PERSON
Erfahrene Projektmanagerin
Aline Seebacher kommt aus dem deutschen Ruhrgebiet und hat Wirtschaftsingenieurwesen an der TU in Dortmund studiert. Sie ist schnell auf das Fach „Industrielles Projektmanagement“ gestoßen, hat diesen Weg mit einer Projektmanagementzertifizierung (PMI) weiterverfolgt und ist im Kraftwerksbau gelandet. Nachdem sie ein paar Großkonzerne kennengelernt hat, ist sie schließlich 2011 als Projektmanagerin zu AKG in Wien gestoßen. Nach der Übernahme durch den Harman-Konzern und der späteren Schließung des Standorts im Jahr 2016 hat Seebacher gemeinsam mit ihrem heutigen Chef Martin Seidl und einem kleinen Entwicklungsteam am Aufbau von Austrian Audio gearbeitet, wo die Mutter zweier Kinder im Alter von zwei und sieben Jahren seit September 2022 als stellvertretende Geschäftsführerin tätig ist.