Auch kleine Betriebe müssen grüner und nachhaltiger werden © APA - Austria Presse Agentur

Vorab - Green Finance, also Investieren und Kreditvergaben nach Kriterien der Nachhaltigkeit, steckt noch in den Kinderschuhen. Doch die strengeren Regeln gelten bereits - formell nur für Großkonzerne, de facto aber auch für kleine Tourismusbetriebe. Denn Banken, Investoren und Urlauber achten darauf. "Das heißt, der Druck wird zunehmen, dass Sie über Ihre ESG-Kriterien berichten", so die Touristikerin Petra Stolba am Dienstag am Jahreskongress der Hoteliers in Graz.

"Es betrifft Sie also sehr wohl", bekräftigte Stolba, die frühere Chefin der nationalen Tourismusmarketing-Organisation Österreich Werbung und nunmehrige Kabinettschefin des 1. Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, Othmar Karas. Immer mehr "Stakeholdern" - Politik, Kunden, Lieferanten und Gästen - sei das Wirtschaften nach nachhaltigen und ethischen Kriterien wichtig. ESG steht für Environmental, Social und Governance, also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Die Berichtspflichten gelten zwar für große Unternehmen, doch indirekt sind auch die klassischen Klein- und Mittelbetriebe vor die Aufgabe gestellt, dem gerecht zu werden.

Geschäftsreisen der Deutschen Bank etwa werden nur noch nach ESG-Kriterien bewilligt. "Daher ist CO2 bei Dienstreisen ein Thema", erklärte Stolba beim Kongress der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Auch bei Kreditvergaben hätten Banken jetzt die Aufgabe, die Nachhaltigkeit zu bewerten. "Das wird Auswirkungen auf die Kreditbonität haben", ist Stolba überzeugt.

"Die Banken kommen jetzt in die Sandwich-Position", meinte der Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT), Matthias Matzer. An die versammelten Hoteliers gewandt sagte er: "Wir müssen fragen, euer Kreditportfolio - wie grün ist das?" Es gebe Bemühungen, den Fragenkatalog zu standardisieren. "Wir müssen den Green Deal verdaubar machen."

Rede und Antwort stehen müssen auch kleine Unternehmen, die einen Kredit wollen - etwa zu ihrem primären Energiebedarf oder ihrem Abfallaufkommen. Doch Matzer beruhigte gleichzeitig. Es sei nicht so, dass die ÖHT nur noch grün finanziere. "Aber alte Technologien sind nicht mehr förderwürdig - wo immer es möglich ist, soll man schauen, dass man auf erneuerbare Energien umstellt", betonte er aber auch.

"Bei ESG gibt es noch zu wenig Kriterien", räumte der ÖHT-Chef ein. Eine Hilfestellung für die Betriebe soll der ESG Data Hub der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) bieten. Dort müsse man die Daten nur einmal einspielen - für die Unternehmen sei das kostenlos. Die Freigabe bzw. Weitergabe der Angaben bestimme man dann jeweils selbst - sie werden den Angaben zufolge nicht automatisch weitergegeben und können auch immer wieder auf den letzten Stand gebracht werden. Der Hub bei der OeKB decke 80 Prozent der heimischen Banken ab, so seien etwa Raiffeisen und die Sparkassen dabei. "Das ist mehr oder weniger der Standard, der sich jetzt durchgesetzt hat", so Matzer.

"Das ist kein weiteres Bürokratie-Monster", versicherte Stolba. Die Mühe und der Aufwand seitens der Unternehmen lohne sich letztlich auch finanziell. "Es ist tatsächlich eine Einsparung, es geht um Effizienzen - mit diesen Berechnungen schaffen wir signifikante Einsparungen", sagte die Tourismus-Expertin unter Verweis auf einen "nicht österreichischen börsennotierten Tourismuskonzern", für den sie tätig sei.

Ein Beispiel aus Österreich: Der heimische Branchenschnitt für Lebensmittelabfälle liege bei 14 bis 16 Prozent, berichtete der Chef und Gründer des Retter Bio-Natur Resort in der Steiermark, Hermann Retter. "Wir sind bei 3,8 Prozent." Sein Betrieb beschäftigt sich bereits seit Jahren mit nachhaltigem Wirtschaften. "Wir leben nun mal von der Nachfrage und von unseren Kunden und ich glaube, von dort kommt der stärkere Druck", sagte der Hotelier. Betreffend ESG vermisst er aber "klare Regeln, auf die ich mich verlassen kann", eine Zertifizierung mit klaren Vorgaben. Derzeit sei etwa ganz unpräzise ein "angemessener" Anteil an Biolebensmitteln gefordert. Derzeit behelfe sich die Branche mit dem Österreichischen Umweltzeichen und der Biozertifizierung als Orientierung. "Aber es braucht schon auch bitte was, wonach sich die Branche richten kann."

Das Gesamtbild: Aktuell liege der Green Asset Ratio in Österreich über mehrere Banken hinweg bei 1 Prozent, so Matzer. In Europa seien es unter 5 Prozent, ergänzte Stolba. 2023 gab es deren Angaben zufolge den allerersten Bericht über die taxonomiefähigen Beträge und Investitionen im Jahr 2022 - das Ergebnis: 34 Prozent aller Investitionen in Österreich waren taxonomiefähig, 13 Prozent waren tatsächlich taxonomiekonform. "Da ist noch Luft nach oben."